Jedes Jahr die selbe Frage: Wer bekommt was zu Weihnachten geschenkt? Was braucht Tante Ursel überhaupt noch oder mit was könnte man ihr eine Freude machen? Und Papa. Der hat doch alles und ohnehin verdient er knapp dreimal soviel wie ich und erfüllt sich all seine Wünsche immer sofort und so schnell wie möglich.
Okay ja ja, es kommt nicht auf den Preis der Geschenke an, sondern auf die Geste.
Aber mal ganz im Ernst, wer bitte schön möchte sich nicht über sein Geschenk freuen. Es genügt einem doch nicht etwas geschenkt zu bekommen. Da haben wir und somit auch mein Vater oder Tante Ursel sicher höhere Erwartungen an ein Weihnachtsgeschenk.
Und klar, es gibt auch günstige Dinge die Freude bereiten, aaaaber die müssen einem nun auch erst mal einfallen bzw einem in die Hände fallen.
Das Anstrengendste ist ja eigentlich ohnehin das hirnen und hirnen was man der jewiligen Person schenken könnte. Gekauft ist es dann ja meist schnell. Das große hin und her überlegen, habe ich mir jetzt aber abgewöhnt. Zumindest fest vorgenommen. Ich lasse mich jetzt treiben. Ganz entspannt. Mein Vorsatz. Ich habe heute gleich gestartet. Mitten rein in’s Getümmel.
Und plötzlich fand ich mich umgeben von warm eingepackten Menschen mit großen Taschen, Kinderwägen, langsam trottenden Rentnern und fröhlich glucksenden Tenniegrüppchen wieder, mitten in der weihnachtlichen Innenstadt.
„Das sind aber mal herrlich schöne Weihnachtskugeln, ganz besonders schöne. Nicht solche wie wir sie schon in einem unserer vier Weihnachtskartons im Keller haben. Nein wirklich besonders schöne Kugel. Die muss ich haben. War eh höchste Zeit, dass wir uns da mal neue zulegen. Und ist es nicht eh schön, mal einen ganz neuen Stil an den Christbaum zu bringen? Vielleicht gerade silber und Brombeere. Ist das nicht eine super Kombi?“ Gekauft.
Der Strom trieb mich weiter und plötzlich fand ich mich in einer engen, heißen Umkleidekabine wieder. Das Licht war furchtbar und ich redete mir tapfer ein, dass mein Bauch und auch mein Hintern in freier Wildbahn viel, aber wirklich mit Abstand, viel besser aussahen wie hier in der Gefangenschaft dieser Kabine. „Sollte ich den Hosenanzug nicht vielleicht doch eine Nummer größer nehmen? Nein nein, das ist doch Quatsch. Wenn es weiter so gut läuft, dann muss ich ihn vielleicht eher sogar eine Nummer kleiner kaufen. Meine Mann schwört ja schon lange auf den Verzicht dieser herrlich bösen Kohlenhydrate. Hatte nicht auch Tante Ursel auf diesem Weg ihr Gewicht geradezu halbiert?“ Aaaaaah, Tante Ursel. Da war sie wieder. Ich hatte noch immer nichts für Tante Ursel gekauft. „Aber hallo, ich muss mir schon auch eine Kleinigkeit schenken. Schließlich will ich die Feiertage auch nicht in meinen uralt Kleidern bei der Familie einlaufen müssen.“
4Stunden 45 Minuten später bezahlte ich in der Parfümerie endlich auch, leicht nass geschwitzt, das Duschgel und das Bodyspray für Tante Ursel. Ich hatte mir noch ein wenig Inspirationszeit im Schuhladen gegönnt und da ich schon mal vor Ort war, auch noch ein paar neue Boots besorgt. Der Schnee wird kommen.
Dieses Jahr doch sicherlich.
Ein paar nette Kleinigkeiten für die weihnachtliche Gestaltung unseres Vorgartens fand ich auch noch.
Was für ein erfolgreicher Nachmittag. „Die restlichen Fünfzehn Geschenke werde ich dann vielleicht im Internet kaufen. Oder lasse ich mich doch nochmal treiben?“
So oder so ähnlich läuft es doch in hunderten Innenstädten ab. Wir suchen und suchen, stehen ratlos und verloren im Weg herum, vergessen uns selbst, verfallen den Versuchungen und kaufen letztlich so wild drauf los, dass wir weit mehr wie ein paar nette Weihnachtskleinigkeiten gekauft haben. Jedes Jahr das Selbe Dilemma und irgendwie scheint keine Lösung in Sicht.
Vielleicht verschenke ich nächste Jahr nur Zeit. Zeit mit mir.